Wer mit den Wölfen heult: Die Buchidee
Zur Buchvorstellung des Romans auf amazon wurden mir die folgenden drei Fragen gestellt. Aus den Antworten geht meine Buchidee für Band 2 hervor.
Aus welchem Grund nehmen Sie grundsätzlich Echtfälle als Vorlage für Ihre Romane?
Das hat mit meiner Motivation zu tun, die Handlung sowie das Verhalten und die Persönlichkeit der Protagonisten psychologisch möglichst korrekt nachzustellen. Anhand von Echtfällen kann ich das am besten herausarbeiten. Dazu dient mir mein gesamtes, in mittlerweile fast vierzig Berufsjahren erworbenes Wissen als Psychologin.
In vielen auch sehr erfolgreichen Romanen aus dem Spannungsgenre werden zum Beispiel die Täter in ihrer Persönlichkeit so beschrieben, wie es in der Realität mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niemals vorkommen würde. Je abstruser der Charakter, je unwahrscheinlicher und oft auch grausamer die daraus resultierenden Handlungen, desto mehr wird mit dem Argument „Spannung“ geworben.
Daraus können auch Vorurteile von Laien, zum Beispiel gegenüber psychisch kranken Menschen, resultieren.
Auch wenn all meine Romane selbstverständlich ebenfalls viele fiktive Elemente enthalten, möchte ich mich von solchen Versuchen, Spannung zu erzeugen, bewusst absetzen.
Bereits im Titel ›Wer mit den Wölfen heult‹ klingt ein Thema Ihres Buches durch: Gruppendynamik, Gruppendruck, Korpsgeist. Ein spannendes psychologisches Phänomen, weil …
es gerade in Institutionen wie der Armee, der Marine, aber auch in Polizeibehörden vergleichsweise häufig auftritt und eine große Rolle spielt.
Auf den ersten Blick gesehen ist der sogenannte Korpsgeist, also die Identifikation mit den Werten und Zielen der Gruppe, zu der man gehört, ein erstrebenswertes Phänomen. Auf der anderen Seite gibt es erschütternde wissenschaftliche Untersuchungen darüber, welche Konsequenzen Abweichler zu befürchten haben, wenn sie sich vom Rest der Gruppe absetzen und gegen die herrschenden Gruppenkonventionen auflehnen.
Korpsgeist kann dazu führen, dass eine große Mehrheit auch gravierendes Fehlverhalten einer Minderheit oder einzelner Personen toleriert. Wer den Mut hat, nonkonform zu handeln und sich gegen diesen Gruppendruck aufzulehnen, muss häufig mit harten sozialen Sanktionen rechnen. Dazu gehört an erster Stelle Ausgrenzung, aber auch alle anderen Aktivitäten, die dem Mobbing zuzurechnen sind. Solche Verhaltensweisen ziehen sich nachgewiesenermaßen sogar durch verschiedene Hierarchiestufen.
In den Canterbury-Fällen gibt es auch immer kurze Ausflüge in Canterburys Historie. Welche Geschichte spielt in diesem Roman eine Rolle?
Es ist die wohl bekannteste Episode aus der Geschichte von Canterbury:
Am 29. Dezember 1170 wurde der damalige Erzbischof von Canterbury, Thomas Becket, von vier Rittern des englischen Königs Henry II. grausam erschlagen. Dies geschah während der heiligen Messe am Altar der Kathedrale.
Der König bestritt zwar, seinen Rittern eine solche Anweisung gegeben zu haben. Bis heute ist daher unklar, ob er den Befehl tatsächlich erteilte oder seine Ritter ihn in vorauseilendem Gehorsam erfüllten. Erwiesen ist allerdings, dass es ein politisch motivierter Mord war, da es zunehmende Spannungen zwischen dem Erzbischof und dem König über die Machtbefugnisse von Kirche und Staat gab.
Schon drei Jahre später wurde Thomas Becket von der katholischen Kirche zum Märtyrer erklärt. Über viele Jahrhunderte hinweg pilgerten Menschen nach Canterbury an sein Grab in der Kathedrale.
Noch heute ist sowohl der Ort des Mordes als auch der des ehemaligen Grabs Beckets in der Kathedrale gekennzeichnet.